Der kleine Drache Schubbelpo
Der Drache Schubbelpo war unzufrieden. Ausgerechnet seine Lieblings-Schubbelbaum hatten die Menschen gefällt. Auf einmal waren viele Männer gekommen, mit einem Traktor und einer lärmenden Kreissäge und dann war es dem Baum an den Kragen, ach, an den Stamm natürlich, gegangen. Und ehe sich Schubbelpo versah, war er weg, sein Baum. Wie erstarrt hockte der kleine Drache tief mitten im Farn, dass man nur noch seinen Kopf ein bisschen sehen konnte. Aber auch das nur, wenn man genau hinsah.
Schubbelpo zitterte und die Farne ringsum zitterten auch.
»Was mache ich denn jetzt?«, weinte er leise. »Die können mir doch nicht einfach den Baum wegnehmen, das ist eine so große Gemeinheit!«
Von weitem hörten man die Kreissäge wieder aufheulen. Schubbelpos Laune wechselte blitzschnell von traurig zu wütend. »So geht das nicht!«, rief er. »So nicht! Ich werde … werde … werde …«
Er ballte die Fäuste. Ja, am liebsten würde er hinüberlaufen zu den Menschen mit dem schrill lauten Sägeding und ihnen tüchtig die Meinung geigen, oder besser gesagt fauchen. Aber würden sie auf ihn hören? Was, wenn sie ihn auslachten?
»Geh hin! Kämpfe!«, rief ihm der Rabe, der auf der Kiefer hockte, zu.
»Sei klug! Sei listig!«, sirrte ihm die Libelle zu. »Kämpfe mit dem Köpfchen, nicht mit deinem winzig kleinen Feueratem.«
»Nimm mich!«, lockte die junge, noch sehr schmal gewachsene Birke. »Aus mir wird bald ein toller Baum, an dem du deinen Po schubbeln darfst.«
Schubbelpo beruhigte sich ein wenig, nachdem seine Freunde ihm beistanden und ihn ermutigten zu kämpfen und die hübsche Birke bot sich sogar als Schubbelbaum an. Aber das war nicht so einfach. Er hatte doch seinen Baum geliebt, ja er liebte ihn noch immer. Da konnte er sich doch nicht einfach einem anderen Baum zuwenden und möglicherweise würde man ihm den dann auch wieder wegnehmen. Nein, er musste verhindern, dass so etwas noch einmal passierte.
Die Frage war nur, wie er das machen sollte. Kämpfen, wie der Rabe meinte, oder mit Klugheit, wie es die Libelle riet? War er denn eigentlich klug genug, um es mit Klugheit und List zu schaffen?
Er blickte zu seinem Schubbelbaum hinüber. Das Eichhörnchen turnte auf seiner Krone, die nun nicht mehr in den Himmel lachte, sondern müde am Boden lag, herum.
»Schade, schade!«, brabbelte es dabei vor sich hin. »Ich habe ihn gemocht, den alten Kerl, der eigentlich, wenn ich mir seinen Stamm so ansehe, ein ziemlich kaputter alter Kerl ist. Ich warte schon lange, dass er umfällt.«
»Hey, du!« Schubbelpo war empört. »Was sagst du da, Eichhörnchen?«
»Es hätte dir längst auffallen müssen, lieber Schubbelpo. Der Baum hatte doch ein leuchtend rotes Kreuzzeichen, das bedeutet, dass er gefällt werden sollte und nun war es eben so weit. Schade, aber nicht zu ändern. Morsche Bäume sind gefährlich, ja, sind sie!«
»Gefährlich?«
Weit riss Schubbelpo die Augen auf. »Das ist ja schrecklich!« Er stockte, dann brach er in Tränen aus. Viele dicke große traurige Drachentränen. »U-u-und ich bin sch-schuld!«, schluchzte er. »Ich und mein Schubbelpo. Oh, wie tut mir das lei-ei-eid!«
Das Eichhorn war bestürzt.
»Das ist doch gar nicht so, du kannst gar nichts dafür! Das Schubbeln hat ihm gar nicht geschadet, er war von innen morsch und deshalb musste er gefällt werden. Aber weißt du was? Wir werden ein Stück seines Stammes für dich zum Andenken in Sicherheit bringen, damit du dich immer an ihn erinnern kannst!«
»Was für eine liebe Idee!« Schubbelpos Tränen versiegten und er hatte plötzlich ein ganz warmes Gefühl für diese kleine Fellmädchen namens Eichhörnchen.
»Ich glaube, ich mag dich«, sagte er leise und das Eichhörnchen lächelte.
»Komm, Schubbelpo«, antwortete es. »Ich zeige dir meinen Baum, in dem ich mein Nest habe. Er hat einen breiten Schubbelstamm und er wird dir gefallen.«
Und dann zogen die beiden neuen Freunde los durch den Farnwald und waren bald nicht mehr zu sehen.
© Regina Meier zu Verl