Aufregung auf der Gänsewiese (Reizwortgeschichte)

Gänse, Brot, süß, meckern, stehlen

Das sind die Wörter, die dieses Mal verarbeitet werden mussten. Lest, was dabei herausgekommen ist unten und auch bei meinen beiden Mitstreiterinnen:

Lore

Martina

Aufregung auf der Gänsewiese 

Aufgeregt liefen die Gänse auf der Gänsewiese hin und her. Sie schnatterten dabei laut. Man hätte denken können, es sei der Teufel oder der Fuchs hinter ihnen her. Sie schlugen so kräftig mit den Flügeln, dass Gänsefedern durch die Luft stoben. Das Pony Rodrian wieherte: „Guck, es schneit wieder!“
Was war denn da nur los? Tante Anna, die Bäuerin, stand am Küchenfenster und wunderte sich.
„Ich glaube“, sagte sie zu ihrem Mann Antonius, „du musst mal gucken gehen, die Gänse sind außer Rand und Band!“
Antonius schob sich schnell noch ein Stück Brot mit Schinkenspeck in den Mund, murmelte „Jau!“, erhob sich schwerfällig, schnappte seine Mütze und ging nach draußen.
Als er an der Gänsewiese angekommen war, beruhigten sich die Tiere ein wenig. Es war immer gut, wenn sich der Boss einmischte, das kannten sie schon.
„Nun macht doch mal halblang, ihr alten Schnattertanten!“, sagte er und schon der Klang seiner Stimme half, um noch ein wenig mehr Ruhe einkehren zu lassen.
„Schade!“, wieherte Rodrian und drehte den Gänsen sein Hinterteil zu. Er hatte sich so über den Schnee gefreut und nun machte der Bauer alles kaputt.
„Nun sagt mir doch mal, was hier los ist!“, befahl der Bauer. Sofort schnatterten alle wild durcheinander.
„Halt!“, brüllte Antonius. „So nicht! Eine redet, die anderen schweigen!“
Stille kehrte ein, dann schnatterte Gisela, die Älteste: „Die böse Katze hat unser Schnubbelchen gestohlen!“
„Wer um alles in der Welt ist denn Schnubbelchen?“, fragte der Bauer verwundert.
„Na, unser Jüngstes!“, erklärte Gisela weinerlich. „Die Katze hat das Kleine so lange gelockt, bis es durch ein Loch im Zaun hinter ihr her ist. Wir konnten gar nichts machen!“
„Und wo ist die Katze jetzt? Und wie sieht sie aus? Und von woher kommt sie überhaupt?“, wollte der Bauer nun wissen.
Gisela zuckte mit den Flügeln. „Woher soll ich das wissen?“
Der Bauer Antonius schlurfte nun über seinen gesamten Hof, schaute in jede Ecke, hinter jeden Busch und Strauch und rief: „Schnubbelchen! Schnubbelchen!“
Gerade als er vor dem Küchenfenster hinter dem Rhododendron nachgeschaut hatte und immer weiter rief: „Schnubbelchen, wo bist du denn?“, antwortete sein Frau: „Hier bin ich doch!“
Der Bauer Antonius lachte auf, er konnte sich gar nicht wieder einkriegen vor Lachen. „D…dich meinte ich nicht!“, stammelte er atemlos. „Ich suche ein Gänseküken, Schnubbelchen! Eine fremde Katze soll es gestohlen haben!“
Anna überlegte nicht lange. „Dann kann ich dir helfen. Es wird die Nachbarkatze sein, die Schnurrsula! Die kuschelt so gern, schau mal in der Scheune nach!“ Die Bäuerin kam aus der Küchentür und begleitete den Antonius zur Scheune. Leise öffneten sie die Tür und schauten vorsichtig hinein.
„Da, schau!“ Anna deutete auf einen Haufen Heu, in dem hatte sich die Katze eingerollt und an ihren Hals gekuschelt schlief ein Gänseküken, Schnubbelchen.
„Das ist süß, oder?“, flüsterte Anna.
„Jau!“, sagte Antonius und sah seine Anna liebevoll an. „Aber jetzt verrate mir doch bitte, woher du den Namen der Katze kennst!“
„Es ist die Katze der Nachbarin und weil die Ursula heißt, und die Katze so ein liebevolles Kätzchen ist, habe ich sie Schnurrsula genannt!“
Dass die Katze eigentlich ein Kater war und Felix hieß, war ja nicht so schlimm, oder?

© Regina Meier zu Verl

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Die Gans in der Krippe

Die Gans in der Krippe

„Gänse haben in Krippen nichts zu suchen!“, meinte Opa Josef. Er sagte das so bestimmt, dass niemand wagte, ihm zu widersprechen. Außer Mama, die war mutig!
Jochen und Nele kicherten und zogen sich etwas zurück von den beiden Streithähnen. Mama aber stemmte beide Arme in die Seiten und funkelte ihren Schwiegervater wütend an.
„Wieso nicht? Jesus kam in einem Stall zur Welt und da sind nun mal Tiere!“
„Ja Ochs und Esel!“ grollte der Opa.
„Und Schafe,“ fügte Jochen hilfreich hinzu. Mama drehte sich um und warf ihrem Sohn einen wütenden Blick zu.
„Schafe haben erst die Hirten mitgebracht!“
Mama nahm die kleine hölzerne Gans und stellte sie direkt neben die Krippe, in der das Jesuskind liegen sollte. Natürlich erst am Heiligabend, wie es sich gehört!
„Da bleibt sie!“, ordnete sie an.
„Das werden wir ja sehen!“, schimpfte Opa, der sich insgeheim aber amüsierte.
Er genoss es sich mit seiner Schwiegertochter zu kabbeln, dabei fühlte er sich so herrlich lebendig. Also warf er ihr einen grimmigen Blick zu und verließ das Zimmer.
„Pah!“ schnaubte Mama und verließ ebenfalls das Zimmer. Jochen und Nele sahen sich an und prusteten los, dann traten sie an die Krippe und betrachteten die Gans.
„Du kannst ja gar nicht dafür, dass sie streiten, kleine Gans!“, sagte Jochen und nahm die Gans aus der Krippenlandschaft. Jeden Tag zog dort ein neues Tier ein, bis es am Heiligabend endlich so weit war, dass auch das Jesuskind in die Krippe gelegt wurde. Opa erzählte immer die Geschichte dazu, die in jedem Jahr ein wenig anders ausfiel. In diesem Jahr würde wohl die Gans mitspielen, danach sah es jedenfalls aus.
„Wer, meinst du, wird gewinnen?“, fragte der Junge seine Schwester. Diese zuckte mit den Schultern.: „Keine Ahnung, Dickschädel sind sie beide.“
„Sollen wir eine Wette abschließen? Das wäre doch spannend!“, meinte Nele und rieb sich voller Vorfreude die Hände.
„Ich stimme für Opa!“ Sie lachte, als sie Jochens Gesicht sah, der ärgerte sich offensichtlich.
„Das wollte ich doch schon!“, jammerte er.
„Pech, ich hab’s zuerst gesagt und du musst nun Mama nehmen. Hast du denn kein Vertrauen zu Mama?“ lachte Nele. „Doch, aber nicht, wenn es um Opa geht“, murmelte Jochen verdrossen.
„Weißt du, Nele, wir wollen nicht wetten, wir warten einfach ab wie sich alles entwickelt.“
Jochen sah seine Schwester fragend an. Diese dachte einen Moment nach, dann hob sie die Hand und sie klatschten ab.
Jochen stellte die Gans zurück zur Krippe und dann wandten sich die Geschwister anderen Dingen zu. Sie wollten noch an ihren Geschenken basteln und zogen sich auf ihre Zimmer zurück.
Als im Wohnzimmer Ruhe eingekehrt war und auch niemand mehr zu sehen war, erklang ein feines Stimmchen.
„Diese Streiterei immer, die macht mich ganz kribbelig!“, das war Stimme vom Jesuskind, das in der Schachtel neben der Krippe lag.
„Ach Jesus, du kennst doch die Menschen schon so viele Jahre. Sie meinen es nicht böse und natürlich wird die Gans dabei sein, dafür werde ich schon sorgen, glaub mir!“, sagte der kleine Floh, der im Krippenheu wohnte.
„Wie willst du das denn anstellen?“ brummte der Ochse, der als erster in den Stall gestellt worden war.
„Er wird die beiden Streithähne so fest plagen, dass sie keine Zeit mehr zum Streiten haben,“ lachte der Esel.
Die Gans aber schnatterte: „Ja, lieber Flo macht das bitte, ich möchte doch so gerne hierbleiben.“
„Nein, nein!“, sagte das Jesuskind. „Ich habe eine bessere Idee, die keinem wehtun wird! Dafür müsste mich aber mal jemand von euch aus dieser Schachtel rausholen und mir dann in die Krippe helfen!“
Kaum hatte es das ausgesprochen, da wurde der Deckel von der Schachtel abgehoben und Ochs und Esel schauten hinein.
„Eselchen, lass mal deine Ohren hängen und beug dich zu mir runter, bitte!“, bat das Jesuskind. Der Esel tat das sogleich, liebte er doch das Kind so sehr.
Das Jesuskind streckte seine Arme aus und hielt sich an den zotteligen Ohren des Esels fest. Der trug es dann zur Krippe, in die er es sanft hineinplumpsen ließ.
„Und jetzt bitte die Gans zu mir in die Krippe!“, sagte das Kind.
Als diese Bitte ebenfalls erfüllt war, legte das Kind die Arme um den Hals der Gans und genau so fanden Opa und Mama die Krippe vor, als sie am Morgen ein Schäfchen dazustellen wollten.
Dass die Gans bleiben durfte, ist ja klar, wo sich doch das Christkind persönlich darum gekümmert hatte, nicht wahr?

© Regina Meier zu Verl

Hier lese ich euch die Geschichte vor.

Die Zwillinge Gabriel und Günter

Die Zwillinge Gabriel und Günter

oder: Sind Gänse nicht eigentlich Engel?

Die Zwillinge Gabriel und Günter steckten die Köpfe zusammen und tuschelten. Dabei sahen sie sich vor, dass niemand mitbekommen konnte, was sie sich gerade erzählten, denn das würde ihren Plan zunichtemachen.
„Lass uns heute Nacht abhauen, bevor es zu spät ist“, meinte Günter leise und dann schnatterte er laut, weil sich der Bauer näherte. Gabriel stimmte mit ein, denn das tun Gänse, wenn sich jemand in ihre Nähe begibt. Der Bauer hatte sie sogar mal als „seine Wachhunde“ bezeichnet. Das war zwar eigentlich ungehörig, aber trotzdem hatte es sie doch ein wenig mit Stolz erfüllt. Hunde waren schließlich gefährliche Tiere mit scharfen Zähnen. Denen wollte keiner so leicht ans Leben.
Bei Gänsen war das anders, ganz besonders vor Weihnachten, denn bei vielen Familien landete eine Weihnachtsgans im Bratentopf und das waren keine guten Aussichten.
„Wir gehen nach Bethlehem, da wird uns nichts geschehen!“, hatten sie deshalb beschlossen.
Nun könnte man sich fragen, woher denn die Gänse von der Weihnachtsgeschichte wussten. Das war so: der kleine Johannes, der Sohn vom Bauern, hatte ihnen die Geschichte erzählt. So romantisch und spannend klang es, dass da der Josef mit seiner Maria den langen Weg zurücklegte und dann das Christkind in einem Stall geboren wurde, so, als sei es eines von ihnen. Günter und Gabriel waren davon überzeugt, dass dieser Menschensohn, nicht nur für die Menschen geboren war, sondern auch für die Tiere und deshalb wollten sie ihm die Ehre erweisen und auch nach Bethlehem reisen. Sie wussten zwar nicht so genau, wo es langging, aber das würde sich schon ergeben, dachten sie.
„Wahrscheinlich“, meinte Gabriel, „sind wir ja sowieso Engel. Schau uns an, wir haben ein weißes Kleid und Flügel, genau wie die Engel. Wir können fliegen und sind liebreizend anzusehen und ich heiße sogar so wie der Engel Gabriel. Vielleicht bin ich gar einer seiner Nachfahren, könnte doch sein, oder?“
Günter rollte mit den Augen, dass machte er immer, wenn Gabriel etwas sagte, das unglaublich klang, aber doch ein Körnchen Wahrheit haben könnte.
„Gabriel, du bist zwar ein eingebildeter Fatzke, aber da du mein Zwillingsbruder bist, könntest du in diesem Fall recht haben. Dann allerdings … wären wir beide Engel.“
„Sag ich doch!“ Gabriel war stolz darauf, dass er das erkannt hatte. Außerdem fand er es viel schöner, ein Engel zu sein, als ein Wachhund.
Als der Bauer außer Sichtweite war, machten sich die beiden Gänseengel deshalb auf den Weg nach Bethlehem. Vergnügt schnatterten sie, als sie ein Loch im Zaun fanden, drunter her
krochen und sich gleich darauf in die Luft hoben, wie richtige Engel das eben machen.

© Regina Meier zu Verl
Hier zum Anhören:

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Bildquelle ulleo/pixabay