Prinzessin Robert und ihre Prinzen

Prinzessin Robert und ihre Prinzen

Am Rosenmontag sollte in diesem Jahr ein Schulfest stattfinden.
„Lasst uns ein schönes buntes Fest feiern!“, hatte der Schulleiter in seiner Einladung geschrieben und darum gebeten, dass jedes Kind kostümiert zur Schule kommen sollte.
Die Eltern sollten für das leibliche Wohl sorgen und die Band der älteren Schüler würde für die Musik zuständig sein.
„Liebe Eltern!“, stand am Ende der Einladung. „Wir würden uns alle auch sehr freuen, wenn auch Sie sich kostümieren könnten. Schön wäre es auch, wenn sich einige Freiwillige finden würden, die uns helfen, den Saal zu schmücken. Es soll für die Kinder ein unvergessenes Fest werden, frei von all den Problemen unserer Zeit für ein paar Stunden. Ein kleiner Urlaub für unser aller Seelen. Bitte geben Sie Bescheid, ob wir mit Ihrer Mithilfe rechnen können.“
„Er hat recht!“, sagte Miras Vater Robert. „Wir sollten alle mal die Probleme für ein paar Stunden vergessen. Eine richtig gute Idee ist das!“
„Stimmt!“ Auch Miras Mutter fand die Idee richtig gut und schon überlegte sie, welche Kostüme es geben könnte. Auf dem Dachboden stand eine große Verkleidungskiste, mit deren Hilfe man vier Familien einkleiden könnte.
„Ich gehe als Prinzessin!“, verkündete Mira. „Haben wir so ein Kostüm?“
„Mehrere. Schau hier!“ Sie deutete auf einen alten Reisekoffer, mit dem die Urgroßeltern schon viele Reisen gemacht hatten. „Es sind alte Kostüme, die wir, meine drei Brüder und ich, ein paar Jahre lang immer wieder getragen haben.“
„Wir könnten alle drei diese Kostüme tragen, dann passen wir schön zusammen!“, fand Mama und das gefiel allen ganz gut.
„Nein“, entscheidet sich Mira schnell. „Wir machen es anders. Wir gehen als Prinzen, du und ich, Mama – und Papa ist die Prinzessin. Hurra! Das wird ein Spaß!“
Papa schaute ein wenig bedröppelt aus der Wäsche, so richtig gut gefiel ihm der Vorschlag nicht, aber seine beiden Frauen strahlten so, da mochte er ihnen den Spaß nicht verderben.
„Also gut!“, meinte er und fügte sie in sein Schicksal.
„Und was mache ich so als … Prinzessin“, fragte er und er klang wirklich gar nicht glücklich.
„Lächeln!“, sagte Mama.
„Lachen!“, rief Mira.
Und Papa lächelte und lachte gern, doch das konnte nicht alles sein, deshalb fragte er nach:
„Aber ich muss doch etwas tun als Prinzessin, außer schön zu sein und zu lächeln!“, sagte er.
„Stimmt!“, antwortete Mama. „Du musst den Prinzen sagen, was sie zu tun haben. Das können Frauen nämlich besser!“
Papa schluckte, fast wollte er sich schon ärgern, aber dann lächelte er und flüsterte Mama etwas ins Ohr, was Mira nicht verstanden hat.
Und Mama flüsterte zurück. Mira konnte wieder kein Wort verstehen.
„Versucht nicht, euch zu drücken!“, sagte sie lauter als beabsichtigt. Dann schnappte sie sich die Kostüme und stieg die Speicherleiter wieder hinab. „Wir sollten die nun anprobieren, ob sie passen! Kommt ihr?“
Kurze Zeit später standen alle drei in ihren Kostümen da. Mamas Brüder waren groß und schlank gewesen, so dass Mira und Mama kein Problem hatten mit den Größen. Papa allerdings passte das Prinzessinnenkleid nicht, eigentlich klar, oder? Aber all das Zubehör, Krone und Schmuck und noch so allerlei schmückendes Beiwerk war vorhanden, fehlte nur noch ein hübsches Kleid und das würde Mama schon irgendwie zaubern, denn sie war nicht nur ein Prinz, sondern auch eine Zauberin! Ehrlich!
Und eine Zauberin war sie auch dieses Mal. Großartig sah Papa aus, als Mama mit ihm fertig war. Fast wie eine echte Prinzessin. Nur das Gesicht passte nicht ganz dazu, denn es sah, irgendwie, leidend aus. Aber das gab sich dann auch, als sie beim Schulfest angekommen waren und am Ende sogar noch einen Preis für ihre Familienkostümierung erhielten.

© Regina Meier zu Verl

Mama kann ins Herz schauen

Mama kann ins Herz schauen

Achim mag es gar nicht, wenn er sich verkleiden muss. Mama besteht aber darauf.
„Alle verkleiden sich, willst du denn als Außenseiter dastehen?“, fragt sie und hält ihm ein kariertes Hemd hin, eine Lederweste und ein Halfter für eine Pistole.
„Nun mach schon! Du wirst toll darin aussehen.“
Am liebsten möchte Achim am Rosenmontag gar nicht zur Schule gehen. Er findet Karnevalsfeiern blöd, superblöd sogar. Warum kann er nicht einfach er selbst sein? Zuhause bleiben darf er aber nicht, weil der Rosenmontag ein ganz normaler Schultag ist. Normal? Was ist daran normal?
Achim wagt noch einen Versuch, obwohl er bereits aus früheren Jahren weiß, dass er scheitern wird.
„Ich habe Halsweh!“, behauptet er und verstellt seine Stimme ein bisschen, damit sie sich krank anhört.
Mama hat ihn natürlich längst durchschaut. Aber sie spielt das Spiel mit.
„Sag mal AAAAA!“ Sie nähert sich ihm mit einem Löffel, den sie auf die Zunge legen will, um seinen Rachen genauer betrachten zu können. Tapfer hält Achim seinen Mund auf und lässt Mama in sein Innerstes schauen. Wenn sie doch nur sehen könnte, wie schlecht es ihm geht. Es ist ja nicht der Hals, der schmerzt. Es ist sein Herz und das kann Mama durch den Mund nicht sehen. Er schluckt und aus seinen Augen kullern Tränen.
„Mmh!“, sagt Mama. „Das sieht nicht gut aus, gar nicht gut!“ Sie legt den Löffel in die Spüle und zieht Achim auf ihren Schoß. Aus den Kullertränen werden Sturzbäche. Achim schluchzt und schmiegt sich an Mama. Sollte sie etwa doch bis in sein Herz geschaut haben?
„Ich schlage vor, dass wir beide heute zu Hause bleiben. Kuschel du dich nochmal in dein Bett. Ich rufe meinen Chef und deine Lehrerin an und melde uns ab. Ich habe sowieso noch einige Urlaubstage zu bekommen.“
Achim ist erleichtert, ein dicker Stein plumpst ihm vom Herzen.
Als die beiden später bei einer Tasse Kakao in der Küche sitzen, fragt er Mama:
„Hast du in mein Herz geschaut Mama? Hast du gesehen, dass es mir ganz doll weh tut?“
„Ja!“, sagt Mama. „Und dann habe ich mich daran erinnert, wie ungern ich mich verkleidet habe und wie ich gelitten habe, wenn ich als Hexe, Prinzessin oder Rosenresli in die Schule gehen musste. So sind wir eben und so bleiben wir auch. Nicht jeder kann alles gut finden, nicht wahr?“
„Du bist die Beste!“, jubelt Achim und dann will er natürlich wissen, wer denn das Rosenresli ist.

© Regina Meier zu Verl 2016


Und wenn ihr, liebe Leser, das auch wissen möchtet, weil ihr noch nicht ganz so alt wie ich seid, dann schaut hier ROSENRESLI

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Bildquelle pixal2013/pixabay

Pias Gäste*

Pias Gäste
„Du hast mir einen heftigen Schreck eingejagt, mit deiner Aussage „Der Amtsschimmel wiehert schon früh genug“!“ Pia schaut ihre Freundin entgeistert an. Wie kann sie sich erlauben, ihr solche Angst einzujagen. Sie wollte helfen und das ist schließlich nicht verboten, oder?
„Das war nicht meine Absicht, aber du musst dir darüber im Klaren sein, dass das was du tust illegal ist. Mag es auch noch so gut gemeint sein!“ Clara verteidigt ihren Standpunkt und möglicherweise hat sie recht mit dem, was sie sagt. Man hört da so manches!
„Überleg mal: wenn einer von denen, die du täglich mit Mittagessen versorgst, eine Allergie hat, oder aus irgendeinem Grund schleichen sich Salmonellen in deine Küche. Alle, die dein Essen „genießen“ werden krank und landen im Krankenhaus. Man wird dich zur Verantwortung ziehen!“ Clara holt aus: „Eine Nussallergie kann verheerende Folgen haben, Spuren von Nüssen können einem Allergiker den Atem rauben!“
„Um Himmels Willen, darüber habe ich nicht nachgedacht. Das hört sich ja alles schrecklich an. Was soll ich denn nur tun? Dann kann ich meine Hilfsaktion wohl vergessen!“ Pia hat Tränen in den Augen. Dabei war sie so glücklich, dass sie helfen konnte.
„Wie machen die das denn in den Suppenküchen? Die kochen doch auch für die Armen und die Obdachlosen!“, fragt Pia die Freundin.
„Das weiß ich auch nicht. Frag doch einfach einmal dort nach. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Einrichtungen vom Gesundheitsamt überprüft werden!“ Clara schiebt sich ein Stück Kuchen in den Mund und kaut genüsslich.
Pia überlegt. Es kann doch nicht sein, dass man einem Fremden, der Not leidet nichts zu essen geben darf. Ihr ist klar, dass sie Verantwortung übernimmt, aber das will sie ja auch. Sie kocht nicht anders, als sie für ihre Familie oder für Freunde kochen würde. Damit würde sie niemandem schaden, im Gegenteil. Sie hilft und das völlig ohne Hintergedanken.
Sie hat sich das auch richtig gut überlegt, sogar Achim ist einverstanden mit den „Gästen“, wie Pia immer sagt.
Das kam so: Anna-Lena fragte eines Tages, ob sie eine Schulfreundin mitbringen durfte zum Essen. Pia hatte nichts dagegen, sie fand es gut, die Kinder kennenzulernen, mit denen Anna-Lena zu tun hatte. So kam Dilara am nächsten Tag nach der Schule mit. Pia erfuhr, dass das Kind mit seinen Eltern in einem der Schwedenhäuser lebte, die dort für die Flüchtlingsfamilien aufgebaut wurden.
Dilara, die aus Syrien geflüchtet war, war sehr bescheiden und höflich. Am nächsten Tag brachte sie ihren Bruder mit, der schon ein wenig mehr Deutsch sprechen konnte. So ergab es sich, dass Pia einiges erfuhr von den Flüchtlingsfamilien und deren Problemen. Sie erlaubte Dilara, immer jemanden zum Essen mitzubringen. Das ging nun schon seit ein paar Wochen so und alle waren zufrieden. Anna-Lena und Pia hatten viele Menschen kennengelernt und das Miteinander tat ihnen allen gut. Wäre da nicht die liebe Clara gewesen, die Zweifel streute, ob die Sache denn wirklich rechtens sein konnte.
„Du weißt auch nicht, wer da an deinem Tisch sitzt!“, sagt Clara. „Hinterher wirst du noch bestohlen, oder Schlimmeres!“
„Jetzt hör aber auf! Diese Menschen sind dankbar und für mich ist es der direkte Weg um zu helfen. Reden tun alle, aber handeln …“ Pia wendet sich dem Herd zu und rührt die Gemüsesuppe um, die dort vor sich hin köchelt. Sie nimmt einen Löffel und probiert.
„Mmh, ich glaube, die ist ein wenig zu salzig geworden!“, sagt sie und bittet die Freundin, doch einmal zu probieren.
„Sie ist perfekt!“, sagt Clara und bindet sich eine Schürze um. „Wo kann ich helfen?“, sagt sie und knufft Pia in die Seite.
„Vergiss, was ich eben gesagt habe, ich möchte mitmachen in deinem Küchenteam!“, sagt sie. Pia strahlt. So kennt sie ihre Freundin und ein wenig recht hat sie ja auch mit den Einwänden, aber nur ein wenig. Pia wird sich erkundigen, wie die Suppenküchen das machen. Solange kocht sie einfach – und die Gäste essen. Punkt!

© Regina Meier zu Verl 2017

Walter erzählt – Aus dem Alltag eines Dackels

Walter erzählt – Aus dem Alltag eines Dackels

Ich weiß nicht wie mich meine Mama genannt hat. Ich habe sie kaum gekannt. Drei Monate war ich alt, als sie mich weg gab. Bestimmt hat sie das nicht freiwillig gemacht, sicher hat sie mich lieb gehabt. Meinen richtigen Papa habe ich nie gesehen. Böse Zungen haben behauptet, dass er sich immer herum treibt und es nirgends lange aushält.
Aber ich will mich nicht beklagen. Es geht mir gut und einen richtigen Namen habe ich auch bekommen: Walter.
Meine neue Mama ist sehr lieb, ich bin glücklich, wenn sie in meiner Nähe ist. Auch Papa mag ich sehr. Wenn er zu Hause ist, dann spielt er mit mir. Schade, dass er immer zur Arbeit muss und erst spät am Abend nach Hause kommt.
Mit Julian habe ich ein paar Probleme. Mein Gefühl sagt mir, dass ich nur dann für ihn wichtig bin, wenn seine Freunde ihn besuchen. Dann heißt es plötzlich: „Ja, der Walter ist mein bester Freund.“ Und wenn mich seine Freunde ansprechen, oder gar hinter den Ohren kraulen, dann ist er eifersüchtig, das spüre ich. Bettina hat neulich gesagt: „Du bist der schönste Hund der ganzen Welt.“ Da war ich vielleicht stolz, denn ich weiß, dass es viele, viele Hunde gibt. Schon allein hier in unserer Straße sind es sechs…

Manchmal geht Julian mit mir spazieren, nicht oft und auch nicht gern. Er zieht dann immer so furchtbar an der Leine, weil er schnell wieder nach Hause will. Das tut ganz schön weh am Hals. Mama lässt mich immer ein wenig schnuppern und das macht tierischen Spaß. Einmal hat Julian sogar „Blöder Köter“ zu mir gesagt. Wenn ich reden könnte, so hätte er aber was zu hören gekriegt. Aber ich weiß ja, was sich gehört. Ich stamme nämlich aus einer vornehmen Familie, jedenfalls von Seiten meiner Mutter. Papa war ein Herumtreiber, aber das sagte ich ja schon. Ich bin nicht lange beleidigt, wenn man mich beschimpft. Ich bin ja froh, wenn man mit mir nach draußen geht. In die Wohnung pinkle ich nicht mehr, das hat man mir ganz schnell abgewöhnt. Jedes Mal, wenn mir das passiert war, hat mir Mama eins mit der Zeitung auf den Hintern gegeben. Das mag ich gar nicht. Schon dieser Knall macht mich ganz nervös. Allerdings muss ich mich immer lautstark bemerkbar machen, wenn es mal ganz dringend wird und dann kann es sein, dass keiner Lust hat, mit mir raus zu gehen oder es in Strömen regnet. Die Menschen haben es gut, sie können eine Toilette benutzen. So etwas gibt es sogar für Katzen; nur wir armen Hunde müssen bei jedem Hundswetter raus. Kann sich da nicht mal jemand was einfallen lassen?

Im Nachbarhaus wohnt eine Katze. Ich kann sie gut leiden, aber sie mich nicht. Wenn ich im Garten bin, dann schleicht sie dort auch herum und wenn ich ihr zu nahe komme, dann faucht sie. Das macht mir ganz schön Angst. Dabei würde ich so gern mit ihr spielen. Bisher habe ich ihre scharfen Krallen noch nicht zu spüren bekommen und diese Erfahrung möchte ich auch lieber nicht machen. Also spiele ich allein, buddele Löcher und verstecke meine Schätze darin. Ab und zu bringt Papa mir einen Kauknochen mit, manchmal kann ich auch ein altes Brötchen ergattern. Das schmeckt erst dann ganz köstlich, wenn es so richtig schön dreckig ist. Außerdem muss ich für schlechte Zeiten vorsorgen, das haben wir Hunde so drin. Instinkt nennt man das.
Mein Instinkt lässt mich auch nicht im Stich, wenn es darum geht, Menschen einzuschätzen. Mama hat eine Bekannte, die kann ich auf den Tod nicht ausstehen. Sie riecht schon so seltsam und sie hat mich noch kein einziges Mal gestreichelt. Muss sie jetzt auch nicht mehr, ich bin ja ein guter Hund, aber bei ihr könnte ich doch schon mal etwas weiter gehen, als sie nur an zu knurren.
Mama ist das peinlich. „Was hat der Hund denn nur? Walter, geh in dein Körbchen und schäm dich!“, ruft sie dann und ich bin sauer. Warum versteht sie denn nicht, dass ich diese Frau nicht mag, sie sollte mal an ihr schnuppern. Ekelhaft, sag ich euch.
Wenn Mama dann noch sagt: „Anni, hast du einen neuen Duft?“ , verstehe ich die Welt nicht mehr. Mama wird doch hoffentlich nicht auf die Idee kommen, sich auch einen solchen Gestank zuzulegen.
Am besten riechen kann ich Mama und dann kommt Julian. Ich mag besonders gern seine Turnschuhe beschnuppern. Das ist ein Genuss, da verzichte ich doch glatt mal auf ein Leckerchen.
So, das wäre es erst mal für heute, ich flitze jetzt mal eine Runde durch den Garten. Ich will doch mal sehen, ob der Postbote schon da war. Der fürchtet sich nämlich so herrlich vor mir. Dabei bin ich doch nur ein ganz kleiner friedlicher Dackel, nicht ganz reinrassig aber das sieht ja keiner.

© Regina Meier zu Verl

Puderschnee*

Puderschnee

 

Puderschnee

Auf den Dächern liegt ein Hauch
weißer Schnee wie Puder fein
auf den Autoscheiben auch,
Scheibenwischer frieren ein.

Frost kriecht durch die Fensterritzen
Kälte breitet rasch sich aus,
wünschte mir ich würd jetzt schwitzen,
doch kühl ist es im ganzen Haus.

Starre Finger, blau gefroren,
schmerzen, Lippenhaut reißt ein,
keine Mütze auf den Ohren
ich sollte etwas klüger sein.

Werde mich wohl wärmer kleiden
Schließlich ist jetzt Winterzeit,
eigentlich mag ich es leiden,
wenn es dicke Flocken schneit.

© Regina Meier zu Verl

Sterne am Birnbaum

Heute haben Nora und ich besprochen, dass wir gemeinsam eine Geschichte schreiben möchten. Nora hat das Thema vorgegeben und ich habe geschrieben. Nora ist ja erst 3,5 Jahre alt, die Fantasie funktioniert, aber mit dem Schreiben müssen wir noch ein wenig warten (glücklicherweise)

Sterne am Birnbaum
„Ich wünsche mir, dass auf dem Birnbaum Sterne wachsen!“, sagt Nora zu Oma. Die beiden machen während einer Regenpause einen Spaziergang durch den Garten und Oma erklärt, was für Bäume und Sträucher sich da finden. Noch ist alles kahl, aber schön bald werden die Forsythien und Magnolien blühen und auch die Obstbäume werden nach und nach voller Blüten sein.
„Ach, das wird schön!“, seufzt Oma und kann es kaum noch erwarten. Auch Nora freut sich auf den Frühling, wenn sie endlich wieder im Garten herumtollen darf und die Sonne sie wärmt.
„Oma, was wird schön? Wenn Sterne auf dem Birnbaum wachsen? Meinst du, das könnte klappen, wenn ich es mir ganz fest wünsche?“, fragt Nora.
„Wenn man sich etwas ganz fest wünscht, dann kann es sein, dass es in Erfüllung geht“, meint Oma. „Aber manchmal funktioniert es auch nicht! Warum wünschst du dir Sterne am Birnbaum?“, will Oma jetzt wissen.
Als sie keine Antwort bekommt, fragt Oma weiter: „Möchtest du diese Sterne auch essen, oder sollen sie einfach nur leuchten wie die Sterne am Himmel?“
„Sie sollen im Garten Licht machen, ich mag es doch nicht so, wenn es dunkel ist. Und ab und zu könnte man mal einen essen. Die schmecken dann sicher lecker!“, sagt Nora und reibt sich ihren kleinen Bauch.
„Warten wir einfach mal ab. Zuerst muss der Baum blühen und die Bienen müssen kommen und die Blüten bestäuben und dann können die Früchte wachsen. Das alles dauert noch bis zum Spätsommer. Vorher dürfen wir uns aber schon auf Kirschen und Frühäpfel freuen“, schwärmt Oma und sie hat auch schon eine Idee, wie demnächst Sterne auf dem Birnbaum wachsen könnten, aber zuerst … ihr wisst schon: zuerst müssen wir geduldig auf die Blüte warten.
Bis zum Spätsommer möchtet ihr nicht warten? Verstehe ich, deshalb verrate ich Omas Gedanken. Also, zuerst wird Oma mit Nora geduldig auf die Blüte warten und die Bienen beobachten und dann wird sie sehen, wie winzig kleine Birnen heranwachsen und wenn sie dann feststellt, dass keine Sterne dabei sind, obwohl sie es sich doch ganz fest gewünscht hat, dann wird sie nachhelfen – aber nur dann. Wie? Sie wird eine Lichterkette in den Baum hängen, eine mit Sternen natürlich, die kann man zwar nicht essen, aber das Problem mit der Dunkelheit wird sie lösen. Genial, oder?

© Nora & Regina Meier zu Verl

Wenn ich mir selbst Geschichten erzähle

„Oma, warum machst du das?“, fragt mich mein Enkel, als er in mein Zimmer kommt und mich dabei erwischt, wie ich mir selbst eine Geschichte vorlese.
„Was meinst du?“
„Na, du kennst doch deine Geschichten schon alle. Warum liest du sie dir dann vor?“, will er wissen.
„Ich übe!“, erkläre ich.
„Aber warum? Du bist doch längst aus der Schule, musst du immer noch üben?“
Er staunt, für ihn sind Hausaufgaben ein Gräuel.
„Es macht mir Spaß und außerdem macht es mich sicherer, wenn ich anderen vorlese!“, mache ich noch einmal einen Erklärungsversuch.
„Ach so!“ Er überlegt. „Für mich liest du perfekt, ich finde nicht, dass du noch üben musst!“, behauptet er und das tut meiner Seele richtig gut. Trotzdem erwidere ich: „Perfekt bin ich ganz sicher nicht!“
„Do-hoch!“, sagt er ernst. „Du bist die perfekteste Regina, die ich kenne.“

Er kennt nur eine, aber das spielt keine Rolle. Ich lege mein Manuskript zur Seite und knuddel ihn, das kann ich ohne zu üben!

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Bildquelle congerdesign/pixabay

 

Die Violine

Die Violine

Mit meinen zarten, hellen Tönen
möchte ich dein Ohr verwöhnen.
Meine Saiten streicht der Bogen,
mal geschoben, mal gezogen.
Doch Vorsicht, immer mit Bedacht,
damit es keine Krächzer macht.

Im Orchester spiele ich,
vorne links, da siehst du mich,
habe dort auch viele Schwestern,
so ist das in Streichorchestern.

Mein Mensch, der klemmt mich unters Kinn,
wo ich auch sehr zufrieden bin.
Seine Nähe macht mich glücklich,
ich beginne augenblicklich
Liebeslieder ihm zu singen,
um in Stimmung ihn zu bringen.

Manchmal weine ich auch kläglich,
doch das ist wohl nicht alltäglich,
meist bin ich so richtig froh
und das klingt dann wirklich so.

Nur wenn ich in Stimmung bin,
macht das Spielen auf mir Sinn.
Dafür sorgt mein Mensch vorzüglich,
damit macht er mich sehr glücklich.
Ja, mein Leben ist sehr nett.
Ruhe ich in meinem Bett
aus rotem Samt, ganz königlich,
weiß ich genau: Mein Mensch liebt mich!

© Regina Meier zu Verl