Zappel erzählt – Eine Geschichte von Schaf und Schäfer
Heute möchte ich euch von dem Menschen erzählen, den ich sehr liebe. Wenn ich zu sehr ins Schwärmen gerate, dann seht mir das bitte nach. Er ist der wichtigste Mensch für mich und ohne ihn kann und will ich nicht leben. Gut, da sind noch meine Schwestern und Brüder. Sie geben mir Wärme und ich fühle mich wohl bei ihnen. Doch sie können mir nicht helfen, wenn ich in Not gerate. Er aber kann es und er ist immer für mich da.
Gerade steht er dort oben auf dem Hügel und betrachtet den Sonnenuntergang. Ein schönes Bild ist das. Er trägt seinen langen Mantel und den großen Hut. In seiner rechten Hand hält er einen langen Stab, und neben ihm sitzt Basil, der Hütehund. Vor ihm habe ich ein wenig Angst, denn er jagt mich und meine Leute durch die Gegend. Manchmal kläfft er mich an, wenn ich nicht schnell genug meinen Platz verlasse. Er will, dass ich mich mit den anderen Schafen auf den Weg mache. Meist ziehen wir dann weiter oder wir verbringen die Nacht dicht aneinander gedrängt. Ich versuche immer, möglichst nahe an meinen Schäfer heran zu kommen. Dann fühle ich mich sicher und ab und zu streichelt er mein wolliges Fell. Ich habe sogar einen Namen, Zappel. Den hat mir der Schäfer gegeben, als ich damals meinen ersten Unfall hatte. Wir Schafe haben ja sehr dünne Beine und das Gewicht unseres Wollmantels ist nicht zu unterschätzen. Wenn wir hinfallen, dann kann es sein, dass wir auf dem Rücken landen und es gibt keine Möglichkeit, wieder auf die Hufe zu kommen. Mir ist das auch passiert und das Schlimme daran war, dass ich mich zu weit von der Herde entfernt hatte und der Schäfer es zunächst gar nicht bemerkte. Basil hat mich dann gefunden und laut gebellt. Ich hatte Angst, furchtbare Angst. Doch dann kam mein Freund, der Schäfer und half mir wieder auf die Beine. Ich werde ihm immer dankbar sein. Mir ist es danach noch ein paar Mal so ergangen, dass ich stolperte und hinfiel. Aber da wusste ich, dass er mich finden würde. Wir Schafe sind nicht so blöd, wie es uns nachgesagt wird, ganz ehrlich nicht. Auch wenn es so scheint, als meckerten wir nur den ganzen Tag herum, so ist doch jedes Mäh, das wir von uns geben sinnvoll.
Ich sehe gerade, dass unser guter Hirte sich zum Schlafen hinlegt. Er wird wohl die Nacht hier draußen bei uns verbringen. Also muss ich mich beeilen, dass ich noch einen Platz in seiner Nähe bekomme.
Also, schlaft alle schön und denkt daran: Wenn es euch mal umschmeißt, dann zappelt und ruft. Es wird schon einer kommen, der euch wieder aufrichtet.
© Regina Meier zu Verl
Ob unser Zappel wohl auch dabei ist? Foto © Andrea Oberdorfer